Innovationsmanagement als idealer Wertschöpfungsmotor
Unternehmen müssen eine Vielzahl von Komponenten in ihre Gesamtstrategie miteinbeziehen, um auf Dauer erfolgreich zu sein und müssen auch eine permanente Weiterentwicklung des Unternehmens im Fokus haben. Das Stichwort Innovation wird dabei oft inflationär verwendet, leider aber auch oft ohne echten kreativen und wirtschaftlichen Hintergrund. Dabei bieten sich mit einem guten Innovationsmanagement gute Chancen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und immer wieder neue Schritte nach vorne zu gehen.
In der Realität wird der Faktor Innovationsmanagement häufig noch zu wenig als Chance und als Motor für Business Development begriffen, sondern wird als Buzzword in manche Diskussion geworfen, am besten noch zusammen mit dem Begriff Nachhaltigkeit. Dabei ist Innovationsmanagement in Bezug auf das Wissensmanagement einer Organisation besonders relevant, da es eine wichtige Rolle bei der Identifikation und Umsetzung neuer Ideen und Konzepte spielt, um dadurch Wettbewerbsvorteile zu erzielen und die gesamte Geschäftstätigkeit zu verbessern.
Der Zugang zu einer Vielzahl von Informationen und Wissen muss übergreifend koordiniert werden, um Innovationen zu identifizieren, zu entwickeln und zu implementieren. Innovationsmanagement trägt dazu bei, dass das Wissen und die Erfahrungen der Mitarbeiter genutzt werden, um innovative Lösungen zu entwickeln. Ebenso tragen speziell ausgebildete und zertifizierte Teammitglieder dazu bei, dass bestehendes Wissen und Erfahrungen in Bezug auf bestimmte Prozesse und Projekte gespeichert, geteilt und konkret in Ideenpools eingespeist und/oder in die Anwendung gebracht werden.
Wie gehen Unternehmen auf das Thema am besten ein?
Unternehmen sind wirklich gut aufgestellt, wenn es darum geht Risikobewertungen vorzunehmen. Das ist ein strukturierter, systematischer, erprobter und gelernter Prozess. Reflexartig prüfen Unternehmen also als erstes die Risikoaspekte, die von einer Neuerung oder Innovation ausgehen können. Sind die gering, beruhigen sich alle recht schnell wieder. Was häufig außer Acht gelassen wird, ist die Chancen mit gleichem Aufwand zu bewerten.
Das Thema Nachhaltigkeit ist dafür beispielgebend. Alle schauen auf das Risiko, das von der Berichtspflicht ab 01. Januar 2024 für das eigene Unternehmen ausgeht. Nur einige wenige Unternehmen lesen die EU-Vorgaben genau und anders und stellen dann fest, dass auf den ersten 339 Seiten über 650-mal die Worte Chance und Chancen-/Innovationsmanagement steht. Das ist sicher kein Zufall.
Der ISO 56000 sieht deshalb in der Risikobetrachtung vor, auch das Risiko zu bewerten, dass davon ausgeht, wenn Unternehmen ihre Marktchancen ungenutzt lassen. Übrigens ist in Deutschland der häufigste Grund für Insolvenzen mangelhaftes Chancenmanagement. Das Risiko haben die Unternehmen indes meist sehr gut im Griff.
ISO 56002 und praktische Erfahrungen in Unternehmen
Von 2014 bis 2019 wurde der globale Leitfaden für systematisches Innovationsmanagement erarbeitet und auch erst 2019 veröffentlicht. Da ein ISO-Leitfaden, also speziell ISO 56002, neben Wissenschaftlern, Verwaltungsexperten etc. immer auch von Praktikern erarbeitet wird, haben die ersten Unternehmen bereits ab 2016 dem systematischen Innovationsmanagement nach ISO 56002 einen hohen Stellenwert eingeräumt.
Einige dieser Praktiker kamen aus verschiedenen schwedischen Unternehmen und so kann im Anwenderkreis gesehen werden, dass z.B. Södra und (noch bekannter) Karolinska sehr frühe Anwender waren. Nach der Veröffentlichung in 2019 sind dann recht schnell weitere Unternehmen hinzugestoßen: ganz große, mittelgroße und auch kleinere Unternehmen. Zu nennen sind hier z.B. Enel (zweitgrößter globaler Energieversorger) oder auch OKI (ein Drucktechnik-Unternehmen).
Bei den (Erst-)Anwendern des globalen Leitfadens für systematisches Innovationsmanagement (ISO 56002) kann übergreifend insbesondere ein Punkt festgehalten werden, denn diese Unternehmen besser machen als andere: sie sind offen für die kontinuierliche Verbesserung ihres Innovationsmanagementsystems. D.h. sie durchlaufen strukturiert die Phasen 1 bis 6 (Kontext, Führung, Planung, Unterstützung, Betrieb, Leistungsbewertung und nehmen die Phase 7 (Verbesserung) sehr ernst.
„Innovationstheater“ vs. Wertschaffung durch Umsetzung von Ideen
Hans-W. Winterhoff, GF der Firma innotonic aus Hannover, seines Zeichens zertifizierter Innovationsmanager (ISO) und Wirtschaftsprüfer, beantwortet die Frage ob es bestimmte Branchen gibt, in denen Vorstände und Führungsmitglieder größeren Wert auf situatives Führen legen und daher bereits die Managementebene und wichtige Geschäftsprozesse mit erhöhter Wertschöpfung leiten, wie folgt:
„Unsere Erfahrungen und auch unsere Benchmarks aus mehr als 200 Unternehmen zeigen, dass sich keine Differenzierung auf Branchen (oder auch auf Unternehmensgrößen) vornehmen lässt. Es gibt Unternehmen in allen Größen und allen Branchen, bei denen etwas gespielt wird, das wir „Innovationstheater“ nennen. Dort findet sich auf den Websites, in den Geschäftsberichten, in Pressemitteilungen, etc. immer der Hinweis, wie wichtig doch das Thema Innovation für das Unternehmen insgesamt und natürlich auch für die Führungsebene ist.
Schade nur, dass das Ziel von Innovation nicht erreicht wird, nämlich durch die systematische Umsetzung von Ideen auf Basis eines Innovationsmanagementsystems den (materiellen oder immateriellen) Wert des Unternehmens zu steigern. Dieses „Innovationstheater“ deckt sich auch mit globalen Studien, z.B. von McKinsey: „84% aller CEOs betonen die Wichtigkeit von Innovation, aber nur 6% sind mit ihrem Innovationsergebnissen zufrieden.“
Es gibt aber auch Unternehmen in allen Größen und Branchen, die ein sehr gut funktionierendes Innovationsmanagementsystem eingeführt haben und fortlaufend verbessern. Und natürlich spielt in diesen Unternehmen die Führungsebene eine entscheidende Rolle. Sie kennt nicht nur den Kontext (z.B. die Unternehmenskultur, auf die sie aufsetzt), gewährt nicht nur die notwendige Unterstützung (z.B. die zeitlichen und finanziellen Freiräume), sondern sie plant stringent, misst den Erfolg der systematischen Umsetzung von Ideen und steht selbst authentisch hinter dem systematischen Ansatz von Innovation (bis hin zu der Tatsache, dass ein Teil der Gesamtvergütung der Führungsebene davon abhängig ist, wie gut das Innovationsmanagementsystem wirklich funktioniert, von den internen Rollen, Verantwortlichkeiten und Strukturen bis zum Ergebnis: Wertschaffung durch Umsetzung von Ideen).“
Hans-W. Winterhoff: „Innovation = Wert durch Ideen. Ideen, systematisches Innovationsmanagement zur Umsetzung von Ideen, und Wertsteigerung sind kausal verknüpft.“
Über die Zukunft von Innovationsmanagement und Innovationsmanagementsystemen
Unternehmen kommt ja von unter-nehmen und nicht von unter-lassen. Insofern ist der Fokus darauf, dass die materialisierten Chancen, die damit einhergehenden Risiken übersteigt, so alt, wie es Unternehmen gibt. In einer immer komplexeren Welt mit sich immer schneller wandelnden Marktanforderungen muss allerdings schneller und systematischer mit dem Chancenmanagement, also dem Innovationsmanagement, umgegangen werden.
Vereinfacht lässt sich ein Mega-Trend beschreiben, der aufgrund seiner strategischen Bedeutung zu einer sehr zeitnahen und sehr umfangreichen Anwendung des globalen Leitfadens für systematisches Innovationsmanagement (ISO 56002) führen wird: „Nachhaltigkeit (ökologisch und sozial)“. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, und zwar sowohl hinsichtlich der angebotenen Produkte und Dienstleistungen als auch hinsichtlich des Gewinnens von Mitarbeitenden, müssen Unternehmen die Chancen der Nachhaltigkeit nutzen. Und ein systematisches Chancenmanagement bedingt ein systematisches Innovationsmanagement.
Hier könnten Unternehmen sicherlich die mehr als zwei Millionen Treffer auf Google durchschauen, ob sie dort einen für sie passenden systematischen Innovationsmanagementansatz finden. Effizienter und effektiver ist hingegen die Anwendung eines globalen Leitfadens (ISO 56002), der über fünf Jahre von mehreren hundert Praktikern, Wissenschaftlern, Verwaltungsexperten, etc. entwickelt wurde. Zumal Studien auch belegen, dass zwischen systematischem (ganzheitlichem) Innovationsmanagement und (materieller und immaterieller) Wertsteigerung des Unternehmens sogar Kausalität besteht.
Innovationen praktisch managen mit zertifizierter Weiterbildung
Wie verhält es sich nun mit dem Wissen und der Innovation ganz konkret, steht nicht Expertentum und Wissen der Ideenfindung und damit der Innovation im Wege? „Eindeutig: Jein.“ meint Prof. Gunnar Spellmeyer, Professor für Industrial Design an der Hochschule Hannover. „Es kommt darauf an, wie und aus welchen Motiven ich mein Wissen einbringe: aus einem souveränen und inspirierenden Wissen schöpfend und damit zur Innovation beitragend? Oder aus einer Verunsicherung heraus, wo das Wissen das Innovations-Risiko minimieren soll? Es kommt auf die gekonnte Balance an!“
Die Hochschule Hannover hat als anwendungsgetriebene Hochschule einen Zertifikatskurs „Innovationsmanagement“ auf wissenschaftlicher Ebene im Angebot, der den Standard als taktgebendes Instrument für gelingende Innovation versteht und dabei die Eigenarten der Governance Kreativer ebenso vermittelt, wie das „creative Mindset“ selbst und letztlich den Balanceakt Innovation und Risiko, Wissen und Kreativität beherrschbar, vor allem aber auch lustvoll macht. Denn: wem nützt das Wissen, wenn es nicht zum Einsatz kommt?
Artikel zuerst veröffentlicht in wissensmanagement